Hardangervidda på langs – Von Haukeliseter nach Finse – Teil 2

15.09.2017

Wir kommen am morgen so überhaupt nicht aus dem knick. Um neun herrscht um uns herum Aufbruchstimmung. Die Jäger machen sich alle Abmarschbereit, nur wir dümpeln mit Kaffee in der Hand in der Stube rum und wollen so gar überhaupt nicht weiter. Uns gefällt es hier auf der Hadlaskard.

Um elf stehen wir dann doch endlich mit geschulterten Rucksäcken auf der Terrasse und folgen langsam dem Weg der durch das Hallaskardalen nach Hedlo führt. Wir folgen dem Weg für ein paar Kilometer durch Knie hohes Gestrüpp.

Dann zieht der Pfad bei ein paar Hütten den Hang hinauf. Nun laufen wir weit oberhalb des Tals auf den Hallaskarhalsen zu und genießen dabei die Weitsicht zurück aus der wir eben noch gekommen sind.

Hinter dem Hallaskarhalsen fällt der Weg ab und wir laufen hinunter zur Rjotemyrane, einem Sumpfland an der Veig. Bei der Myrane passieren wir ein paar Hütten und queren wieder einmal Sommerbrücken. Der Weg ist hier bis auf einige Stellen wunderbar zu laufen. Es geht fast ausschließlich über Granitplatten hinweg. Teilweise sind diese aber durch Wasser extrem mosig und rutschig. Dennoch kommen wir gut voran und bringen die 9 km von Hadlaskard nach Hedlo in 3 Stunden hinter uns. Der letzte Kilometer zur Hedlo führt uns direkt an der Veig entlang. Das Wetter wird immer besser und an der Hedlo angekommen setzen wir uns ein wenig, machen Pause und genießen die Sonne.

Nach einer ausgiebigen Pause laufen wir weiter durch einen Birkenwald in dem uns das Sumpfland wieder ordentlich zusetzt. Einige hundert Meter hinter der Hütte treffen wir auf ein Schweizer Pärchen das vor zwei Tagen am Liseth Pensionat in der Nähe von Vøringfoss gestartet war. Wir unterhalten uns eine gute halbe Stunde über ihre und unsere Tour, in welche Richtungen wir laufen und über das Wetter. Die beiden raten uns von der Route die sie gekommen sind ab, da diese durch die Regenfälle der letzten Tage absolut unwegsam sein soll. Für 16 km hatten die beiden fast zwei Tage benötigt und hatten die letzte Nacht in der Nähe einer Sommerbrücke campiert. Dies soll wohl auch der einzige richtig trockene Lagerplatz, wenn auch ein sehr schöner an einer Sommerbrücke, auf dem Stück gewesen sein.

Wirklich reizen tut uns das nun nicht. Ich krame die Karte raus und schnell steht ein Plan B. Wir schwenken an der kommenden Kreuzung nach Links ab und werden über Vivelid nach Øvre Eidfjord laufen. Und dann schauen wir weiter.

Wir verabschieden uns von einander und laufen weiter. Der Weg zieht nun rechts am Kjeshovden vorbei und führt uns zum Fljodal. Beim Blick zurück schauen wir direkt ins Tal hinab bis weit hinter die Hedlo.

Wir genießen noch einmal den Blick zurück und laufen dann langsam weiter.Der Weg fällt nun sachte ins Fljodal ab und schon bald treffen wir auf die Wegkreuzung. Diese liegt auch gleich an einer Brücke. Dort hat es sich ein deutsches Pärchen gemütlich gemacht und kocht gerade zu Abend. Wir fragen die beiden ob sie wüssten ob die Vivelid geöffnet hätte. Die beiden meinen ja. Hätten sie doch vorhin noch ein paar Wanderer von dort starten gesehen.

Heute Abend schon wieder in einer Hütte zu schlafen wäre ja schon etwas, denken wir uns und folgen dem Weg links ab nach Vivelid. Der Weg führt immer entlang eines Wildbaches und ist gerade irgendwie traumhaft zu laufen. Dann zieht er noch einmal hoch und wird wieder steiniger. Am Scheitelpunkt kommen uns zwei Norweger, Vater und Sohn, entgegen. Der Vater spricht als er hört wo wir her kommen sofort mit uns deutsch. Ich bin wieder einmal erstaunt wieviele Norweger doch deutsch sprechen und wieviel Spass diese immer gefühlt dabei haben. Die beiden sind vor 2 Stunden am Parkplatz nördlich von Vivelid gestartet und wollen es heute noch bis Hadlaskard schaffen. Drei Stunden planen sie ein und würden dementsprechend irgendwann gegen 21 Uhr an der Hütte ankommen. Ich schüttel ungläubig den Kopf. Es ist wahnsinn was manche Leute hier für ein Tempo an den Tag legen. Die beiden machen sich weiter auf den Weg und sind bald ausser Sicht. Der Sohnemann tat mir aber schon ein wenig leid. Im Gegensatz zu seinem Papa war er bereits nass geschwitzt und sah auch schon leicht abgekämpft aus.

Hinter der nächsten Biegung kommt dann die Vivelid in Sicht. An das Ufer der Veig gelehnt liegen die Hütten der Siedlung Viveli hier im Tal.

Wir kommen an einem Wegweiser vorbei und ich wunder mich noch warum das Schild zur Hütte so komisch steht. Das der Weg hinter uns entlang des Ufers führt und in hundert Metern Entfernung zwei Brücken quert merken wir zu spät. Wir hatten Strommasten durch die Bäume vor uns für eine Hängebrücke gehalten. Dumm gelaufen für uns. Aber wir stehen nun auch direkt der Vivelid Hütte gegenüber und müssen feststellen das in der Hütte alles dunkel ist und kein Rauch aus den Kaminen kommt. Also irgendwie doch gut das wir den Bogen nicht gelaufen sind.

Dem Trail folgen wir noch einen Kilometer  entlang der Veig und schlagen dann gegen 19 Uhr unser Lager an einer schönen Stelle auf. Hier wird wohl öfters campiert, bei den ganzen Feuerstellen in der Umgebung. Wir bauen unser Zelt auf und während Nadine die Schlafkabine herrichtet suche ich Feuerholz für unsere kleine Feuerstelle.

Später sitzen wir am Feuer und essen zu Abend. Aber lange werden wir es wohl nicht mehr draussen aushalten. Denn die Temperatur geht doch rasch in den Keller und die Nähe zum Fluss tut ihr übriges.

 

16.09.2017

Die Nacht am Fluss war eigentlich ganz angenehm. Nur ist unser Zelt heute morgen durch die hohe Luftfeuchtigkeit eine richtige Tropfsteinhöhle. Aber was solls.

Beim Blick nach draussen wissen wir was uns wohl heute erwarten wird. Der Himmel ist strahlend blau und wir genießen die Sicht nach draussen.

Während wir Frühstücken kommt dann auch die Sonne über die Berghänge und trocknet unser Zelt.

Dann geht es für uns weiter. Wir wollen heute auf jeden Fall nach Vøringfoss hoch und haben noch keinen wirklichen Plan wie wir das ab Øvre Eidfjord machen werden.

Der Weg schlängelt sich erst in der Nähe der Veig durch Brikenwälder und führt dann hinter einem Sumpf zwischen zwei Gipfeln entlang. Dank der Sumpflandschaft sehen wir schon wieder bis zu den Knien aus wie die Schweine. Was solls! Dafür können wir eine ganze Zeit lang einen Waldlemming beobachten wie er sich direkt vor unseren Füssen am saftigen Gras labt. Für uns geht es schließlich weiter auf den Berg hinauf. Von hier bietet sich eine Rundum Sicht auf das Fjell.

Von nun an geht es bergab und in der Ferne können wir schon den auf der Karte eingezeichneten Parkplatz sehen. Dieser liegt aber wirklich noch in wieter Ferne, denn wir bekommen noch einmal eine volle Schlamm Packung und der Weg zeigt uns wo es lang geht.

Endlich am Parkplatz angekommen, schmeißen wir für ein paar Minuten die Rucksäcke runter und holen tief Luft bevor es weiter geht. Denn nun liegt eine Serpentinenstrasse vor uns die wir runter müssen. Am Beginn der Serpentinen werden wir von einem Herrn vorgewarnt das hier gerade Filmaufnahmen für ein Radrennen stattfinden und wir uns nicht wundern sollen. Die Jungs auf ihren Rennrädern sehen wir dann auch bald. Der Fahrer an der Spitze wird von einem Pickup mit Kamera dran und einem Haufen Leuten drauf verfolgt und mir rufen und lauter Musik angefeuert. Für den heutigen Tag wundert uns nichts mehr.

Die Serpentinen hauen richtig rein und wir folgen fast zwei Stunden lang den Kehren, bis wir dann endlich an der Talsohle bei der Hüttenansammlung Hjølmo ankommen. Jetzt geht es noch sechs endlose Kilometer der Strasse entlang. Ständig muss ich Nadine hinter mir warnen das Sie mal zur Seite gehen soll weil Sie ein Auto hinter sich her rollen hat. Bei der einen oder anderen Situation musste man doch zwischendurch den Kopf schütteln. Wie etwa bei dem Tesla Fahrer der schon fast angeschoben hat.

Am Mittag erreichen wir dann endlich Øvre Eidfjord und latschen so langsam auf dem Zahnfleisch in Richtung Ortszentrum. Total platt, was wohl auch am fehlenden Frühstück liegt, erreichen wir das Hardangervidda Naturscenter. Was uns nun aber gerade viel mehr als die Natur der Hardanger lockt sind die Hardangerviddahallen mit ihrem riesen Restaurant. Denn wir haben nur noch Hunger! Wir gehen in dieses riesige Restaurant das an eine Methalle erinnert und setzen uns in die Ecke. Auf der Speisekarte stehen so großartige Dinge wie Lachsburger, Lammburger usw. Uns läuft das Wasser im Munde zusammen und wir bestellen einfach.

Während wir auf unser Essen warten, frage ich die Kellnerin ob es in der Gegend ein Taxi geben würde. Sie nickt und sagt uns das Sie uns gleich die Nummer geben würde.

Als Sie mit dem Essen kommt drückt Sie uns auch gleich die Nummer vom Taxifahrer in die Hand. Genial!

Nach dem essen rufe ich das Taxi an und keine zehn Minuten später steht der Fahrer auch schon auf der Matte.

Wir laden unsere Rucksäcke ein und fahren los.

Die Fahrt geht durch das Måbødalen und für den deutschen Großstädter doch teilweise ein wenig abenteuerlich. Aber die Aussicht ist wieder großartig. Nach knapp zwanzig Minuten Fahrtzeit erreichen wir unser Ziel. Das Hotel Fossli am Vøringsfossen. Für die Fahrt legen wir mal eben stolze 80 Euro hin. Aber dafür sind wir am frühen Nachmittag schon am Hotel.

Wir betreten das Gebäude von 1881 und werden von einer Mischung aus alten Charme und einem muffigen alten Geruch umgehauen. Der Charme überwiegt allerdings und an den Geruch gehwöhnt man sich nach ein paar Minuten. Die Rezeption empfängt uns super freundlich und wir bekommen ein niedliches Zimmer mit Blick direkt auf den Wasserfall und das Tal zugewiesen.

Wir machen es uns auf dem Zimmer gemütlich und hängen unsere Sachen zum trockenen auf. Auch machen wir nach fast einer Woche mal eine Handwäsche und ziehen unsere Sachen durchs Wasser. Das ein oder andere Kleidungsstück kann es doch so langsam gebrauchen.

Am Abend drehen wir noch eine Runde an der Aussichtsplattform der Schlucht bevor wir uns mit den Schreibsachen ins Restaurant zu einem Bier zurück ziehen.

 

17.09.2017

Bevor wir am morgen weiter ziehen stehen wir noch eine Zeit lang auf der Aussichtsplattform der Schlucht und genießen die Aussicht. Dort erfahren wir von einer Familie aus der Gegend die gerade Besuch aus Deutschland hat das es die Strasse rauf einen unmarkierten Trampelpfad geben würde der uns direkt nach Liseth Pensionat und den weiteren markierten Pfad des DNT´s bringen würde. Dadurch sparen wir locker etwas über einen Kilometer. Wir bedanken uns vielmals und machen uns auf den Weg. Das Wetter gibt heute wie versprochen alles und noch bevor wir los laufen ziehen wir direkt die Softshelljacken aus. Die wären gerade bei diesem Wetter echt zuviel.

Wir folgen der Strasse links ab und nach einigen hundert Metern erreichen wir den „unmarkierten“ Pfad zu unserer rechten wo ein großes Schild mit der Aufschrift Liset steht.

Der Weg ist wie versprochen wirklich schön zu laufen und eine echte Alternative zur Strasse und schon nach kurzer Zeit stehen wir vorm Liseth Pensionat. Hier verheddern wir uns aber ein wenig, da es mit unserer 100.000er Karte und der Beschilderung nicht richtig ersichtlich ist wo wir nun hin müssen. Erst nach etwas rumgeirre und dem Hinweis eines älteren Herren der gerade aus seiner Haustür kommt finden wir den Weg wieder. Dieser fürht hinter der Pension weiter. Wir hatten davor gesucht.

Schon bald fangen wir aber wieder an den Weg zu verfluchen. Wir laufen über Holzplanken durch Sumpfland. Und leider versinken die Dinger bereits im Schlamm und sind dadurch extrem rutschig. Bald wird der Weg aber glücklicherweise etwas besser und es geht wieder durch einen Birkenwald

Ein Stück weit in den Birkenwald hinein verschlechtert sich der Weg allerdings wieder und wir weichen den Hang hoch auf Grasland aus. Dort ist es zwar auch sumpfig, jedoch nicht so extrem wie auf dem Weg unter uns.

Dann erreichen wir eine Hüttenansamlung. Von hier aus zieht der Weg nun gut bergan und wir bleiben einige Male zum Luft holen stehen und genießen auch gleich die Aussicht.

 

An einer dieser Hütten fällt uns dann auch weiter hinten im Tal eine Strasse mit einem Parkplatz auf. Von dieser führt ein Weg direkt zu der Hütte an der wir gerade stehen. Tja, hätten wir diesen Weg genommen hätten wir uns einiges an Kraft gespart. Aber egal. Dafür hatten wir eben eine sehr schöne Aussicht auf die umliegende Landschaft und sogar auf den Hardangerjøkulen.

Nun heißt es den Hang hinter den Hütten anzugehen, wo der Weg steil zur Hochebene geht. Der Weg ist wirklich rutschig und loses Geröll tut sein übriges zum Kräfteraubenden Anstieg hinzu. Dann aber stehen wir mit einem mal oben über der Baumgrenze und vor uns liegt der Weg der sicht über die Erhebungen schlängelt.

Wir bleiben kurz stehen und holen tief Luft. Dann laufen wir weiter zur nächsten Erhebung. Von hier hat man nun wieder eine total irre Aussicht auf das Tal aus dem wir gekommen sind und wir beschließen ein Stück weiter an einem Wegweiser eine kurze Rast einzulegen.

Bei unserer Rast kommen gerade zwei Wanderer mit Hund auf uns zu. Wie sich heraus stellt ist das Pärchen aus Bochum und die beiden sind seit einer Woche auf Tour rund um den Gletscher und wollen nun über Liseth Pensionat nach Geilo.

Die beiden erzählen uns von den schwierigen Bedingungen auf Westseite des Jøkulen und rund um die Rembedalseter Hütte. Teilweise waren Aufstiege durch den vielen Regen wohl nur noch auf allen vieren begehbar erzählen sie und wir sollen froh sein das wir östlich um den Gletscher laufen. Wir schnacken noch eine Zeitl, dann müssen wir auch langsam weiter. Wir wollen es noch bis zur nächsten Wegkreuzung schaffen. Wir verabschieden uns und laufen langsam weiter.

Der Weg hier oben ist leicht hügelig und eigentlich sehr gut zu laufen. Nur die ständigen extremen Schlammeinlagen machen einem das Leben schwer.

Nun aber hinter dem Gipfel des Grønenuten laufen wir wohl langsam aber sicher aus dem Sumpf heraus. Es wird trockener und nur an der einen oder anderen Bachquerung wird es ein wenig schlammig. Nun haben wir auch immer wieder Ausblicke auf den Gletscher vor uns und die Vorfreude darauf steigt die nächsten zwei Tage an seiner Rechten entlang zu wandern. Vor uns Blicken wir eine ganze Zeit hinunter in das Tal mit dem Riksvej 7 und dem Stausee Sysenvatnet. Und der Weg möchte kein Ende nehmen. Auch möchte sich das Blickfeld auf den See nicht verschieben. Ein paar mal erwische ich mich bei dem Gedanken „Da hinten links müssen wir morgen irgendwo am Ende des Sees entlang, aber wie sollen wir da hin kommen“? Aber irgendwann verschwinden wir in einer Senke und versperrt uns den Blick auf den scheinbar unendlich langen See.

Als es auf die 19 Uhr zugeht erreichen wir mit dem letzten Anstieg auch die Wegkreuzung. Es waren zwar auch nur zehn Kilometer heute, aber dafür auch ein paar ziemlich heftige Anstiege. Ein Stück hinter der Weggabelung finden wir leicht erhöht einen guten Lagerplatz mit einem kleinen See. Hier beschließen wir unser Lager aufzuschlagen.

Als alles steht verkriechen wir uns mit einer leckeren Pasta Bolognese von Lyo Food und einem heißen Kräutertee ins Zelt und genießen die Aussicht über die südliche Vidda vor uns und den Gletscher hinter uns und irgendwo in der Ferne bimmelt wieder die Glocke eines Schafes.

 

18.09.2017

Die Nacht über war es doch ziemlich frisch und wir wollen so gar nicht aus den warmen Penntüten heraus kriechen. Aber es hilft nichts. Für heute steht noch ein langer Weg von gut 15 km vor uns. Wir laufen dem Wanderweg nach und kommen nach einer knappen Stunde am Weg hinab ins Tal an. Hier an einem Steinfeld emtdeckt uns ein neugieriges Hermelin und wie schon einige Tage zuvor möchte uns das Tierchen eine ganze Zeit lang begleiten. Wir lassen uns von dem hektischen rumgerenne auch gleich wieder in seinen Bann ziehen und versuchen zu erraten wo das Tier als nächstes aufzutauchen vermag. Aber irgendwann sind wir wohl aus seinem Gebiet raus und vor uns breitet sich nun im Tal ein Delta aus Flussläufen aus. Für uns heißt es aber nun in regelrechten Serpentinen den steilen Hang hinunter zu kommen. Auf halber Strecke kommen wir mit ein paar Jungs aus Nürnberg ins Gespräch. Diese erzählen uns das eine gute Stunde vor uns ein junger Mann aus Erfurt läuft, der wohl auch Finse als Ziel hat.

Nadine hatte sogar als wir den Abstieg begannen gemeint das Sie unten am Leirvatnet einen Wanderer gesehen hätte.

Wir machen uns weiter an den Abstieg und erreichen bald die Talsohle mit dem Wegweiser zu den einzelnen Hütten.

Ab hier wird der Weg nun zu einem wahren Spießrutenlauf. Die Nürnberger hatten es angekündigt und offenbar um einiges untertrieben. Ein paar mal sinke ich bis zum Schienbein und tiefer ein und muss mich mühsam wieder aus dem Morast kämpfen. Nadine ergeht es keineswegs besser, obwohl ich ihr eine Alternative anbieten kann da ich ja vor ihr laufe. Aber diese sind auch nur unwesentlich besser.

Erst als wir am Leirvatnet vorbei sind und der Weg ein wenig höher zieht kommen wir aus dieser Schlamm Hölle heraus und blicken in eine vom Leiro und seinen Gletscherwassern gebildete Schlucht mit einer Brücke. Wir beschließen hinter der Brücke eine Mittagspause einzulegen und was zu essen. Denn die Kraftreserven sind im Sumpfland gerade komplett aufgebraucht worden.

Wir steigen zum Leiro hinunter und laufen zur Brücke. Das Wasser ist durch die ganzen Mineralien des Gletschers Milchig weiß mit einem leichten blau Schimmer.

Hinter der Brücke finden wir einen schönen Platz an dem wir rasten. Wir essen und trinken was und verschnaufen einige Zeit. Dann laufen wir weiter. Wir wollen auf jeden Fall noch bis zum See Skåltjørna kommen.

Der Weg führt uns hinab ins Øyane Flussdelta des Leiro. Und wieder haben wir es mit reichlich Sumpfland zu tun.

Eine ganze Weile hören wir nun schon Stimmen hinter uns. Und auf einmal tauchen da zwei Jungs auf und rennen gefühlt einfach an uns vorbei. Nadine beschwert sich noch ein wenig das die beiden auch noch absichtlich an uns vorbei rennen und auch mir kommt es ein wenig so vor also ob sie es extra eilig hätten an uns vorbei zu kommen, so schnell sind sie wieder verschwunden. Kurz darauf kommt uns ein Mädel aus Deutschland entgegen. Kurze Hose und Longsleeve. Wir schauen ein wenig ungläubig, haben wir doch heute vielleicht nur 5-7 Grad. Sie frag uns beim näher kommen auf Englisch wie weit es bis Kjeldebu wäre, da Sie heute morgen in Finse gestartet wäre. Auf meine Antwort noch knapp sieben Kilometer kommt ein ungläubiges  „WAS? Echt noch so weit“. Sie sprintet auch sogleich weiter. Aber man sah dem Mädel an das der Akku doch schon ziemlich platt war.

Aber nicht nur bei ihr ist der Akku ziemlich runter, auch wir beide haben langsam nicht mehr viel Kraft um heute noch groß was zu reißen. Das Sumpfland hat uns doch sehr zugesetzt.

Wir laufen den Weg weiter und haben nun zu unserer linken die große Gletscherzunge Vestra Leirebottskåka, die sich zerfurcht den Hang hinunter zieht.

Dann zieht unser Weg oberhalb eines Gletschersees rechts um den Hang des Nordre Gjerenuten. Nun wird es noch einmal zunehmend felsiger und wir laufen durch viele kleine Felsnischen und stehen abrupt vor einem Wanderer und seinen Zelt. Da die Ausrüstung, MSR Zelt, Lowa Schuhe und Mammut Jacke so typisch deutsch aussehen spreche ich ihn auch direkt deutsch an. Und siehe da er ist deutscher. Auf meine Frage ob er aus Erfurt sei schaut er nur ganz ungläubig und fragt woher ich das wüsste und ob wir uns kennen. Ich kläre ihn lachend darüber auf das wir vorhin die Nürnberger Truppe getroffen hatten und diese uns erzählten das jemand aus Erfurt vor uns läuft und das ich seine Ausrüstung einfach zu deutsch fand.

Wir beschließen den Abend einfach direkt hier zu bleiben. Den knappen Kilometer bis zum Skåltjørna klemmen wir uns einfach.

Wir bauen unser Zelt auf und schauen direkt auf die Austra Leirebottskåka. Leider zieht es sich schon die ganze Zeit immer weiter zu und das Wetter soll auch schlechter werden. Wie alles steht und wir uns ins Zelt zum essen zurück gezogen haben, fängt es auch passend an zu nieseln.

 

19.09.2017

Über Nacht kam einiges an Regen runter. Aber zum frühen Morgen an hatte es glücklicherweise aufgehört und so können wir am morgen das Zelt leicht nass einpacken.

Der Erfurter startet einige Zeit vor uns und wir verabreden uns für diesen oder nächsten Abend auf der Finsehytta. Wenn wir heute gut durchkommen war dies unsere letzte Nacht im Fjell. Ich werde schon wieder ein wenig, würde ich doch am liebsten noch einige Zeit auf Tour bleiben.

Wir laufen entlang des Skåltjørna und müssen an dessen Ende über den Ablauf eines Sees bestehend aus Felsblöken steigen. Der Weg geht schon wieder gut los. Denn das Gestein ist so glatt wie Schmierseife und ein ordentlicher Weg durch dieses Gesteinsfeld lässt sich auch nur schwer erraten. Dementsprechend dauert es ein wenig bis wir dort hindurch sind. Dann heißt es wieder einen steilen Anstieg zu erklimmen. Der Weg haut ganz schön rein und ist durch den Regen der letzten Nacht gut durchgeweicht.

Oben angekommen stehen wir vor einem Geröllfeld und einem dahinter liegenden See. Wir können uns an diesem Anblick gar nicht satt sehen, so schön ist es hier oben. Die Gipfel der umliegenden Berge spiegeln sich im glatten Wasser.

Wir laufen weiter und stolpern fast über einen Norweger der im Gras vor uns sitzt und frühstückt. Er fragt ganz spontan lächelnd ob wir Kaffee möchten. Zu verlockend das Angebot. Ein frisch gebrühter Kaffee wäre zu verlockend, aber wir müssen weiter. Dankend lehnen wir ab.

Wir laufen weiter am See entlang und erklimmen einige Felsen um höher zu kommen. Wieder eröffnet sich uns ein spektakulärer Ausblick auf den See. An ihm geht es weiter über Blockwerk hinunter ans Ufer und über Altschneefelder die bis hinein ins Wasser reichen.

Der Weg zieht durch Geröllfelder hoch und kostet auch hier einiges an Mühe. Aber die Aussicht die jeder Höhenmeter bringt ist die Anstrengung ohne weiteres wert.

Dann stehen wir vor einem weiteren Schneefeld das gequert werden muss. Kurz darauf folgt das nächste große das sich über ein paar hundert Meter zieht. Es geht erst mühselig bergab, dann ein wenig eben und am ende das Schneefeld wieder hinauf. Nadine sieht man an das Sie keinen Schnee mag und diesen weißen Mist am liebsten schmelzen lassen würde. Ich dagegen schaue den Hang hinunter und würde am liebsten auf dem Hosenboden das Feld hinunter rutschen.

Wir laufen weiter zwischen Felsen und stehen bald schon wieder vor einem noch größeren Schneefeld. Wir beschließen hier eine Rast einzulegen und die Stille um uns herum zu genießen. Das Wetter ist zwar alles andere als einladend gerade aber das stört uns nicht.

Dann nehmen wir diese Altschneefeld in Angriff. Ich bin recht zügig drüber, aber Nadine hasst diesen riesigen Eiswürfel auf dem Sie läuft.

Dann folgt ein langer Abstieg durch Geröll hinunter zum Brattefonnvatnet. Dieser markiert die hälfte der Strecke nach Finse. In einer Tour läuft man um kleine, mittlere und große Felsbrocken herum. Dann kurz vor einem Anstieg passiert was passieren muss. Ich bleibe stehen, drehe mich um und schaue nach Nadine die etwas zurück gefallen ist. Auf meine Frage ob alles ok ist kommt ein knappes „ja“ und ich drehe mich wieder um. Beim umdrehen übersehe ich jedoch durch die Kameratasche vorm Bauch einen Felsbrocken vor meinem linken Fuss. Ich bleibe dran hängen und der Rucksack tut in diesen Moment seinen Rest. Ich sehe in Zeitlupe den Boden mit all diesen kleinen und großen Brocken auf mich zukommen und denke mir nur noch „Ach du SCHEIßE! Bitte nicht aufs Auge! Bitte nicht auf den Stein da“!

Dann schlage ich ungbremst mit der rechten Schläfenseite auf den mit kleinen Steinchen übersäten Boden auf. In einem Refelex ziehe ich eine Hand hoch und packe mir sofort an die Schläfe. Die Finger sind voller Blut! „DRECK“ Rufe ich laut aus und rufe noch lauter nach Nadine. Die Panik das ich vielleicht eine dicke Platzwunde habe steigt in mir auf.

Meine Trekkingstöcke blockieren mich da sie unter mir liegen und mein Rucksack drückt mich mit seinen knapp 28 kg flach auf den Boden. Erst als Nadine heran ist und mich auf die Seite zieht komme ich aus den Sachen raus. Sie zieht das erste Hilfe Set vom Rucksack ab und wir spülen die Wunde mit Kochsalzlösung aus und desinfizieren alles.

Wie sich heraus stellt habe ich an der Stirn eine Schürfwunde und knapp unter der Augenbraue eine etwas größere Macke. Aber dafür reicht ein Pflaster. Nadine möchte nun aber nicht mehr mit mir bis Finse laufen an diesem Tag, da sie befürchtet das ich einen Schock habe.

Ich beruhige Sie das es nicht so wäre und deute auf der Karte in der Hand auf die Sommerbrücke ein paar Kilometer entfernt. Bis dahin würde ich gerne noch laufen.

Die Sommerbrücke erreichen wir nach einiger Zeit. Auch wenn das dazwischen liegende Geröllfeld mir ein wenig zu schaffen machte. Denn die Knie wollen noch nicht so richtig nach dem Sturz gehorchen.

Als kleines Trostpflaster können wir bereits Finse in der Ferne sehen und für einen Moment kommt das Bedürfnis in mir auf heute Nacht in einem warmen Bett zu schlafen. Dann finden wir jedoch knapp hinter der Brücke einen guten Lagerplatz und beschließen dort zu bleiben. Den Stress nach Finse zu laufen und irgendwann in der Dunkelheit anzukommen wollen und müssen wir uns nicht antun.

 

20.09.2017

Während der Nacht wird es ziemlich windig und ich werde ein paar mal von dem lauten geraschel des Zeltes wach das sich im Wind bewegt. Irgendwann kommt noch heftiger Regen hinzu der auf die Zeltwände trommelt.

Am morgen ist es kein Stückchen besser geworden. Das Wasser rinnt die Zeltwände hinunter und wir haben nicht das Bedürfnis vor das Zelt zum austreten zu gehen. Wir nutzen eine kurze Regenpause und sprinten regelrecht raus.

Das Gras ist regelrecht durchweicht und bei jedem tritt schmatzt der Boden unter unseren Füssen.

Wieder zurück im Zelt machen wir uns Frühstück und ich hole einen Beutel mit Filterkaffee hervor. Den schleppe ich die ganzen Tage schon mit mir herum um uns für einen Tag einen richtig schönen Kaffee zu zaubern.

Mitten während des Frühstücks fängt es wieder an zu gießen. Wie noch vorhin läuft das Wasser nur so die Zeltwände herab und wir werden wohl nicht drum herum kommen das Zelt im Regen abzubauen.

Das machen wir dann gegen neun auch so. Wind und Regen haben noch etwas zugelegt und es ist einfach nur ungemütlich draussen. Das Zelt wiegt in seinem klatschnassen Zustand gefühlt zwei Kilo mehr als wir es zusammen packen.

Dafür ist der Weg bis zur Finsehytta recht gut zu laufen und schon bald sehen wir den Steg über den Finsedamm. Zum Schluss geht es nochmal über zwei Sommerbrücken. Ohne diese beiden wäre eine querung der Flussläufe recht schwierig geworden.

Am frühen Mittag stehen wir dann auch endlich vor der Finsehytta. Wir sind total durch und wir sind echt froh das wir heute nicht noch weiter laufen und evtl sogar das Zelt aufbauen müssen.

Im Vorraum der bewirtschafteten Hütte ziehen wir unsere nassen Klamotten aus und um uns herum bildet sich eine große Fütze. Wir bringen alles in den Trockenraum nebenan und hängen die Sachen und das Zelt auf. Dann mieten wir uns für die kommenden zwei Tage auf der Hütte ein.

Unsere Rückfahrt ist für den 24.09 mit der Fähre nach Kiel geplant. So genießen wir erst noch zwei absolut faule Tage in Finse, da das Wetter nicht ein Stück besser wird. Eher noch schlechter. Zwischendurch kommt sogar der erste Schnee runter und die Landschaft ist komplett weiß. Nach unserem Aufenthalt in Finse geht es für uns zurück nach Oslo wo wir noch eine Nacht im Hotel verbringen.

Die Hardangervidda war lange für mich ein Traum. Ihn jetzt nach so vielen Jahren zu verwirklichen hat sich auf jeden Fall gelohnt. Auch wenn das Wetter die meiste Zeit nicht das beste war werden wir von den Eindrücken der Tour und von den netten Menschen die wir unterwegs getroffen haben noch lange zehren.

Für mich persönlich war die Tour bis auf den kleinen Unfall auch ein voller Erfolg. War doch diese Wanderung auch ein Ausrüstungscheck für meine kommende Norge på langs Tour im nächsten Jahr. Bei der Ausrüstung gibt es noch ein oder zwei Teile dich nicht wirklich relevant für die kommende Tour sind, aber im großen und ganzen werde ich an der Packliste festhalten.

 

 

Hier geht es zu Teil 1 des Reiseberichts

3 Gedanken zu “Hardangervidda på langs – Von Haukeliseter nach Finse – Teil 2

  1. Pingback: Hardangervidda på langs – Von Haukeliseter nach Finse – Teil 1 – wanderbarepfade

  2. Hey Thomas,
    klasse Tourenbericht! Ich hoffe, ich kann irgendwann auch mal wieder eine Mehrtagestour in Norwegen unternehmen, ich bin doch etwas wehmütig beim Lesen des Textes geworden. Und die Bilder erst! Ich war 2011 in der Gegend. Wir sind vom Campingplatz in der Nähe vom Voringfossen südlich auf die Hardangervidda hochgelaufen. Es war allerdings soooo nass, dass wir nur eingesackt sind und uns die Modder von oben in die Wanderstief lief. Die Hütten hatten bereits Anfang September wegen des miesen Sommers vorzeitig geschlossen, also sind wir auch die Serpentinen runter nach Øvre Eidfjord gelaufen. 11 Stunden sind wir an dem Tag gelaufen – uff. Von der Handangervidda habe ich dank Nebel und Regen eigentlich nichts gesehen, von daher steht die unbedingt noch mal auf meiner Liste!
    Viele Grüße aus der Nachbarschaft,
    Nicole

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    1. Hey Nicole,
      vielen Dank für deine Worte.
      Uns ging es in etwa genauso. Wasser hatten wir von oben wie von unten auch genug. Und der ein oder andere Tag war wirklich eine Herausforderung. Trotzdem war es unglaublich schön.
      Auf der Liste steht die Vidda irgendwann auf jeden Fall noch einmal. Ich würde gerne den Jøkul westlich über Rembedalseter umrunden.

      Liebe Grüsse
      Thomas

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